So formulieren unsere Kunden ihre Fragen an uns:
Beim „Verkaufen“ der eigenen Dienstleistungen und Services tun sich Unternehmensberatungen und Agenturen erfahrungsgemäß schwer. Unserer Erfahrung nach ist bei mittleren und größeren Beratungen und Agenturen zwar der Vertrieb institutionalisiert, das heißt organisational verankert, aber oft fehlt es an klar definierten Vertriebsprozessen und Strukturen. Es gibt eben eine/n oder mehrere Kolleg*innen, die „Vertrieb machen“ oder „für den Verkauf zuständig“ sind.
Bei kleineren Beratungen und Agenturen ist der Vertrieb in der Regel „Chefsache“ und alle entscheidungsrelevanten Abläufe werden auf Geschäftsführungsebene abgewickelt. Wie stark der/die Chef*in nach dem gewonnenen Pitch oder dem unterschriebenen Vertrag noch in das laufende Kundenprojekt eingebunden ist, hängt zumeist vom Volumen ab. Bei den „ganz dicken Fischen“ will die Chefetage sowieso immer im Boot bleiben und ist oft auch operativ in die Pflege der Kundenbeziehung eingebunden.
Was so gut wie immer zu beobachten ist: In kaum einer Beratung oder Agentur ist der Vertrieb als eine echte Kernkompetenz entwickelt und verankert, ja in Gesprächen mit Geschäftsführer*innen hören wir fast immer die verdutzte Rückfrage, warum denn das überhaupt so sein sollte? Man sei doch eine Marketingberatung, oder eine PR-Agentur, oder eine Design-Agentur, oder eine Personalberatung, aber keine Sales-Expert*innen! Der Vertrieb sei letzten Endes nur ein Mittel zum Zweck, um die eigenen Dienstleistungen operativ an die Kunden zu bringen. Expert*in sei man eben im Bereich X oder Y und am Ende des Tages müsse doch die Qualität der angebotenen Dienstleistungen X und Y für sich sprechen.
Aber ist das wirklich so? Wie erklärt es sich dann, dass der Vertrieb eine so große Kraftanstrengung für Beratungen und Agenturen ist? Wieso ist die Aussage, Vertrieb und Sales sei für Beratungen und Agenturen eine sekundäre Funktion, von Grund auf zu hinterfragen?
Für die Mehrzahl der Beratungen und Agenturen gilt beim Vertrieb immer noch: „Outbound“ ist das Grundprinzip und Kaltakquise die Allzweckwaffe, an der unerschütterlich festgehalten wird. Dass sich diese Vorgehensweise in der Praxis als stumpfes Schwert erweist, lässt sich an der Entwicklung der erfolgsrelevanten KPIs knallhart ablesen: sinkende Pro-Kopf-Umsätze, sinkende Margen, immer kürzer werdende Laufzeiten, immer kleiner werdende Retainer, und so weiter.
Bei Beratungen und Agenturen, die schon länger als 10 oder 15 Jahre aktiv sind, spielen für den Vertrieb auch persönliche Netzwerke und Weiterempfehlungen eine gewisse Rolle, aber bei genauerer Betrachtung eine zumeist weitaus geringere als zunächst behauptet. Auch hierbei klagen Geschäftsführer*innen über eine Abwärtsspirale: „Früher konnten wir über persönliche Kontakte und direkte Empfehlungen noch recht gut Neugeschäft generieren, aber in letzter Zeit klappt das immer seltener. Warum nur?“
Fragen wir unsere Kund*innen offen, ob sie eine Vertriebsstrategie haben, dann erhalten wir üblicherweise als schnelle Antwort ein sinngemäßes „Ja, selbstverständlich!“. Aber sobald wir nachfragen, was in dieser „Vertriebsstrategie“ denn genau festgelegt sei, das heißt: Welche klaren und messbaren Ziele, welche Anzahl an Leads, welche Umsatzziele, welche Timings, welche periodenabhängigen Entwicklungssprünge, etc.? – dann finden wir in der Regel nur sehr dürftige Vorgaben oder bestenfalls auf Grundlage von Routinen und Gewohnheitsregeln aufgestellte „Orientierungsgrößen“ vor, die je nach kurzfristiger Marktentwicklung situativ angepasst werden. Faktisch und ehrlich ausgesprochen existiert also in vielen Fällen eine echte Vertriebsstrategie gar nicht, die sich auf verlässliche strategische Analysen stützen und eine klare, zielgrößengetriebene Vorgehensweise vorgeben würde.
Diese Diagnose bestätigt sich immer auch auf operativer Ebene und setzt sich in den täglichen Vertriebsroutinen als Erfolgshemmer fort. Verkaufsmaterialien oder -dokumente sind bei näherer Betrachtung nicht mehr inhaltlich aktuell oder in ihrer visuellen Anmutung nicht mehr zeitgemäß. Oder viele vertriebsrelevanten Daten werden händisch in unzählige Excel-Sheets eingetragen, die dann irgendwo auf dem Server abgelegt werden und dort bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag bleiben. Oder der Datenbestand im CRM-Tool ist größtenteils veraltet und nicht mehr zu gebrauchen, da sich nur die Praktikant*innen um die Datenpflege und -aktualisierung kümmern. Oder vor lauter Messebesuchen, Pflichtterminen und Kundenmeetings bleibt keine Zeit mehr für wichtige Recherchen und Weiterbildung und über etliche markt- und kundenrelevante Informationen und Entwicklungen weiß der Vertrieb gar nicht mehr Bescheid. Und so weiter.
Es gibt viele gute Gründe, den Vertrieb von Push auf Pull umzustellen. Was aber, so könnte an dieser Stelle kritisch gefragt werden, ist mit steigenden Kosten und höheren Aufwänden für zusätzliche Kapazitäten? Kostet Pull nicht mehr als Push?
Auch wenn sich diese Frage nicht pauschal beantworten lässt, steht fest: Gutes, erfolgreiches Pull amortisiert seine Kosten UND übertrumpft die Konversionsraten von Push. Pull kann nicht nur, sondern muss innerhalb der Organisation zu einem erfolgskritischen Wettbewerbsfaktor gemacht werden. Aber Pull ist keine reaktive Kurzschlusshandlung auf einen kurzfristigen Verkaufsdruck, sondern vielmehr eine proaktive Strategie für permanent hohe Verkaufslevels. Daher ist Pull aus unserer Sicht eine Denkhaltung des Vertriebs, die gelernt, das heißt geplant und gesteuert werden kann.
Ein solcher Veränderungsprozess setzt intern einen konsequenten Veränderungswillen, fundiertes Marketingwissen, Führungsgeschick und auch ein gewisses Maß an Geduld voraus. Ist jedoch der große Schritt von Push zu Pull einmal gelungen, sorgt diese neue Vertriebsphilosophie nicht nur „für frischen Wind“ in den Vertriebsprozessen, sondern wird entscheidend zu mehr Wachstum und zur Verbesserung der Wettbewerbsposition beitragen. Positive Seiteneffekte auf Produkte, Mitarbeitermotivation oder die Wahrnehmung im Markt sind dabei natürlich erwünscht und sehr willkommen.